Tarotkarten – Bedeutung, Anwendung und Praxis

Was sind klassische Tarotkarten?

Klassische Tarotkarten sind ein 78-teiliges Kartensystem, das seit Jahrhunderten zur Selbsterkenntnis, Introspektion und spirituellen Orientierung genutzt wird. Anstatt starre „Vorhersagen“ zu liefern, spiegelt das Tarot innere Prozesse, Muster und Chancen. Wer regelmäßig mit den Karten arbeitet, trainiert Intuition, Achtsamkeit und klare Entscheidungen.

Der Aufbau des Tarot-Decks (78 Karten)

Ein Standarddeck besteht aus zwei Hauptbereichen:

Die Großen Arkana (22 Karten, 0–21)

Sie zeigen archetypische Lebensstationen und Wendepunkte. Kurzübersicht:
0 Der Narr – Neubeginn, Vertrauen
I Der Magier – Wille, Manifestation
II Die Hohepriesterin – Intuition, Geheimnis
III Die Herrscherin – Fülle, Kreativität
IV Der Herrscher – Struktur, Verantwortung
V Der Hierophant – Werte, Lehre
VI Die Liebenden – Wahl, Verbindung
VII Der Wagen – Fokus, Durchbruch
VIII Gerechtigkeit – Ausgleich, Konsequenz
IX Der Eremit – Innenschau, Wahrheit
X Rad des Schicksals – Zyklen, Wendung
XI Stärke – Mitgefühl, innere Kraft
XII Der Gehängte – Perspektivwechsel, Hingabe
XIII Tod – Transformation, Loslassen
XIV Mäßigkeit – Balance, Integration
XV Der Teufel – Bindungen, Schatten
XVI Der Turm – Befreiung, Umbruch
XVII Der Stern – Hoffnung, Heilung
XVIII Der Mond – Unbewusstes, Träume
XIX Die Sonne – Klarheit, Vitalität
XX Gericht – Ruf, Erwachen
XXI Die Welt – Vollendung, Ganzheit

Die Kleinen Arkana (56 Karten)

Vier Farben mit je 14 Karten (Ass bis Zehn + Bube, Ritter, Königin, König). Sie greifen Alltagsthemen auf und differenzieren die Botschaften der Großen Arkana.

Die vier Farben im Überblick

FarbeElementLebensbereichLeitqualitätenTypische Themen
StäbeFeuerAntrieb, Kreativität, VisionMotivation, Initiative, WachstumProjekte, Unternehmungen, Inspiration
KelcheWasserGefühle, Beziehung, IntuitionEmpathie, Verbundenheit, HeilungLiebe, Freundschaft, Spiritualität
SchwerterLuftVerstand, Kommunikation, KlarheitAnalyse, Entscheidung, WahrheitKonflikte, Gedankenmuster, Erkenntnis
Münzen (Pentakel)ErdeKörper, Materie, BerufStabilität, Pragmatismus, UmsetzungFinanzen, Arbeit, Gesundheit, Handwerk

Zahlenbedeutungen (Ass bis Zehn)

ZahlGrundbedeutung (kernig)
Ass (1)Ursprung, Potenzial, Impuls
ZweiPolarität, Wahl, Balance
DreiEntfaltung, Kooperation, erstes Resultat
VierStabilisierung, Struktur, Konsolidierung
FünfSpannung, Wandel, Prüfung
SechsHarmonie, Integration, Erleichterung
SiebenAusrichtung, Prüfung der Motive, Ausdauer
AchtBewegung, Arbeit, Fokus
NeunReife, Ernte, innere Erfüllung
ZehnVollendung, Abschluss eines Zyklus, Übergang

Hofkarten (Bube, Ritter, Königin, König)

  • Bube: Lernende Energie, Neugier, Botschaften; Beginn eines Reifeprozesses.
  • Ritter: Bewegung, Umsetzung, Stil der Aktion (Feuer/Luft/Wasser/Erde abhängig von der Farbe).
  • Königin: Reife, inneres Meistern, nährende Qualität des Elements.
  • König: Verantwortung, Führung, äußeres Meistern und Strukturgebung.

Vorbereitung und Ritual: So ziehst du Tarotkarten

  1. Absicht klären: Formuliere eine offene, klare Frage oder ein Thema.
  2. Raum halten: Ruhiger Ort, aufrechte Sitzhaltung; optional Kerze oder Räucherwerk.
  3. Mischen: Mische, während du bei der Frage bleibst. Option: Karten auffächern und intuitiv wählen.
  4. Schneiden: Einmal oder dreimal schneiden – wenn es sich stimmig anfühlt.
  5. Signifikator (optional): Eine Karte, die dich/dein Thema repräsentiert, vorab wählen und beiseite legen.
  6. Umkehrungen: Entscheide vorab, ob du Umkehrungen (auf dem Kopf stehende Karten) deutest.
  7. Ziehen: Anzahl und Legemuster wählen (siehe unten), Karten aufdecken, einen Moment still betrachten.
  8. Journaling: Erste Eindrücke, Bilder, Sätze notieren, bevor du Bücher konsultierst.

Legesysteme – von einfach bis tief

  • Tageskarte: Eine Karte für Fokus/Qualität des Tages.
  • Drei Karten: Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft oder Thema – Blockade – Rat.
  • Beziehungsspiegel (5 Karten): Ich – Du – Dynamik – Lernaufgabe – Entwicklung.
  • Entscheidungslegung (6 Karten): Option A (Pro/Contra) – Option B (Pro/Contra) – Meta-Rat.
  • Jahreskreis (12 Karten): Energie je Monat; zusätzliche Karte für übergeordnetes Thema.
  • Keltisches Kreuz (10 Karten):
    1 Thema | 2 Kreuzt/Blockiert | 3 Basis | 4 Vergangenes | 5 Mögliche Entwicklung | 6 Nahe Zukunft | 7 Innere Haltung | 8 Umfeld | 9 Hoffnung/Furcht | 10 Ergebnis-Tendenz

Schritt-für-Schritt deuten

  1. Erster Eindruck: Welche Stimmung, welche Symbole springen an?
  2. Gewichtung: Große Arkana = große Weichenstellung; Kleine Arkana = Alltag/Umsetzung.
  3. Farbe + Zahl/Hof: Element + Zahlencode/Hofrolle kombinieren.
  4. Position im Legesystem: Bedeutung variiert je Slot.
  5. Bezüge: Wiederholungen (Farben/Zahlen), Gegensätze, Erzählfaden.
  6. Rat formulieren: Konkrete Schritte, die du daraus ableitest.

FAQ (7 schnelle Antworten)

Wie oft soll ich legen? So oft, wie es der Integration dient. Zwischen größeren Legungen ein paar Tage Abstand lassen.
Brauche ich Umkehrungen? Optional. Entscheide dich vorher und bleibe konsequent.
Sind Vorhersagen fix? Nein. Tarot zeigt Tendenzen und Lernfelder, keine starren Schicksale.
Wie beginne ich ohne Vorwissen? Tageskarte + Journal, dazu ein verlässliches Einsteigerbuch und dieser Leitfaden.
Darf ich für andere legen? Ja, mit Einverständnis und klarer Absprache über Grenzen/Ziele.
Welche Decks gehören zu „klassisch“? Etwa Rider-Waite-Smith und Marseille-Linie; moderne Interpretationen bauen häufig darauf auf.
Was, wenn Legungen widersprüchlich wirken? Frage neu, vereinfache das Legesystem, fokussiere das Ziel und prüfe die Frageformulierung.

Tarotkarten